Essen - Polizeipräsidium


Schwierige Baubedingungen

 

 

 

Im Dezember 1914 wird an der Hufelandstraße mit den Ausschachtungsarbeiten für das neue Polizeipräsidium begonnen.

Schon deutlich vor dem Bau des neuen Präsidiums hatte man dringenden Handlungsbedarf für den Bau einer Polizeizentrale gesehen, in der ein Großteil der Essener Dienststellen und Beamten unterkommen sollte. Die Anmietung von Gebäuden in der Innenstadt, etwa in der Kronenstraße, am Pferdemarkt oder am Viehofer Platz, hatte nicht zufrieden stellen können. Insbesondere die Einrichtung der Königlichen Polizeidirektion in Essen im Jahre 1909 hatte die Rufe nach einem Zentralbau laut werden lassen. Nach mehrjähriger Planung und Suche nach einem Grundstück – die Idee, das ehemalige Amts- und Landgericht in der Altstadt hierfür zu nutzen war verworfen worden – wurde schließlich ein Teil des Grundstückes des ehemaligen Haumannshofes in Rüttenscheid für den Bau des Präsidiums gewählt. Das Grundstück war von der Hufelandstraße, der Virchowstraße und der Weyerstraße (heute Büscherstraße) umschlossen. Andere Teile des Haumann-Grundstückes waren bereits für den Bau des Landgerichtes sowie des Untersuchungsgefängnisses erworben worden. Über 8.000 qm Grund und Boden für das geplante Polizeipräsidium konnten schließlich für 360.960 Mark gekauft werden. Die ungünstige Bodenbeschaffenheit – das Grundstück lag mit seiner Lehmsandschicht bei Regen in einem starken Grundwasserstrom –  der Beginn des 1. Weltkrieges, phasenweiser Baustoffmangel sowie der frostige Winter 1916 / 17 sollten zu einer Verschleppung der Baumaßnahme führen. Im März 1918 waren die Arbeiten jedoch soweit gediehen, dass zumindest die Diensträume behelfsmäßig bezogen werden konnten.  224 Beamte der Königlichen Polizeidirektion fanden in dem Gebäudekomplex, dessen Bau einschließlich des Grundstückes 1,7 Millionen Reichsmark verschlungen hatte, ihren Arbeitsplatz.

 

 

Nicht nur Behörde, sondern auch Wohnhaus

Die fertige Gesamtbauanlage gruppiert sich um drei Innenhöfe. Das Hauptgebäude umfasst außer dem Keller vier Vollgeschosse. Im Erdgeschoss, links vom Haupteingang am Vorplatz, folgt dem Pförtnerzimmer, das es am selben Platz bis in die 1980er Jahre gab, die Hauswache, die Botenmeisterei und gegenüber die Fernsprechzentrale. Rechts befanden sich die Kassenräume. Der in der Mitte des Hauptgebäudes gelegene Sitzungssaal im 1. OG hatte Anschluss an das Arbeitszimmer und die Wohnung des Polizeipräsidenten mit eigenem Aufzug. Überhaupt war das Hauptgebäude des Präsidiums bei seiner Erstellung nicht nur Dienst- sondern auch Wohngebäude. So befanden sich im Erdgeschoss die Wohnungen des Hauswarts, eines mittleren Beamten, des Heizers und des Chauffeurs. Hier befand sich auch noch ein Automobilraum mit einer kleinen Werkstatt. Der hinter dem Wohnungsflügel gelegene Hofraum diente teils als Wirtschaftshof, teils als Durchfahrt für Wagen und teils als Garten für den Präsidenten.

Die übrigen Flügel des Gebäudekomplexes dienten als Diensträume. So waren im mittleren Längsflügel 26 Vorführungs- und Haftzellen eingerichtet. Sowohl für die Gefangenen wie auch für die Beamten standen Bäder zur Verfügung. In demselben Flügel waren im Dach der Erkennungsdienst und das photographische Atelier untergebracht. Es gab hier zwei Personenaufzüge, einer davon für das Polizeigefängnis, sowie eine Aktenaufzug.

In den Flügel an der Virchowstraße zog das Einwohnermeldeamt ein, das dort auch einen eigenen Eingang hatte.

Entgegen der Planung wurde das gesamte Gebäude sofort mit elektrischem Licht ausgestattet, obwohl man ursprünglich zumindest teilweise auf die preiswerter Alternative der Gasbeleuchtung zurückgreifen wollte. Während fast das ganze Präsidium mit Linolboden oder sogar nur mit Zementboden ausgestattet wurde, wurden der Sitzungssaal und die Präsidentenwohnung mit hochwertigem Parkett versehen. Das Gebäude erhielt – entgegen den üblichen Ausstattungen von Dienstgebäuden – bereits komplett Doppelfenster und Eichentüren.

 

Franzosen besetzen das Präsidium

1923 marschieren französische Truppen ins Ruhrgebiet ein, nachdem Deutschland aus französischer Sicht keine ausreichenden Kriegsreparationen mehr geleistet hat. Das Polizeipräsidium wird besetzt, alle Personen, die sich darin aufhalten, werden hinausgeworfen. Als die Franzosen nach längerer Inbesitznahme das Präsidium wieder verlassen, gleicht es im Inneren einem Schweinestall. Die Franzosen waren auch mit der Benutzung der Toiletten nicht zurechtgekommen, so dass diese durchweg verschmutzt und verstopft waren. In wochenlangen Renovierungsarbeiten muss das Präsidium wieder in den alten Zustand versetzt werden.

 

In Schutt und Asche

Im 2. Weltkrieg wurde das Präsidium größtenteils ausgebombt und in den Nachkriegsjahren erst allmählich wieder aufgebaut. Aufgrund der damaligen Raumnot waren unmittelbar nach dem Krieg auch mehrere Ämter der Stadtverwaltung im Präsidium untergebracht. Aus einem Schreiben des Polizeiausschusses an den Wiederaufbauminister des Landes in den späten vierziger Jahren ging hervor, dass die Polizeidienststellen in schlimmster räumlicher Enge untergebracht waren und ihre Arbeit teils verrichten mussten, während das Regenwasser in die Räume strömte. Viele Fenster der Diensträume waren ohne Glas. Von den ursprünglich 244 Räumen waren ganze 26 unversehrt geblieben. Der in Schutt und Asche gelegte Gebäudeflügel an der Virchowstraße, der ursprünglich dieselbe Höhe wie das Hauptgebäude gehabt hatte, wurde nicht mehr vollständig aufgebaut. Er erhielt nur noch ein Parterre für die Garagen und ein 1. OG mit Büros. Die Aufbauarbeit am Präsidium leisteten in den Nachkriegsmonaten übrigens die Polizeibeamten selbst, die morgens von weit her zu Fuß, mit der Straßenbahn oder mit gartenschlauchbereiften Fahrrädern kamen. Sie beluden mit Schaufeln und von Hand Transportloren, für die eigens auf der Hufelandstraße ein Schienenstrang angelegt worden war. Auf einer Aufnahme aus dem Jahr 1946 ist noch der damalige Polizeichef Emil Neitzel zu sehen, der sich mit einer Spitzhacke an den Trümmerarbeiten beschäftigt. Ob Präsident, ob Wachtmeister oder Kommissar, der Krieg hatte zumindest in dieser Hinsicht Dienstgrade und Ämter gleich gemacht.

 

Modernisierung in den 80ern

Nach dem Krieg hat es gleich mehrere Ansätze gegeben, das Präsidium zu verändern und der fortschreitenden Raumnot abzuhelfen. Auch die Technik im Gebäude entsprach längst nicht mehr dem neuesten Stand. So musste der Polizeipräsident in einem Schreiben an alle Mitarbeiter ausdrücklich ermahnen, den Personenaufzug, der gerade einmal sechs Personen gleichzeitig befördern konnte, nicht zu überlasten, weil mehrfach bis zu acht Mitarbeiter oder Bürger gleichzeitig einstiegen und dann zwischen den Etagen stecken blieben und dies erhebliche Reparaturkosten aufwarf. 1972 reifte der Plan, bis auf die Vorderseite, den Verwaltungsflügel und die zur Hufelandstraße gelegene Gebäudefront alles abzureißen und auf der Freifläche einen zweigeschossigen Sockel mit einem Hochhaus darauf zu errichten. Das Land hatte dem Staatshochbauamt bereits eine Anfangszahlung von 100.000 Mark dafür geleistet. Der Tatsache, dass aus dem Hochhaus nie etwas geworden ist, kann man sich heute noch vor Ort vergewissern In den 80er Jahren entwickelte sich der Gedanke, das Präsidium abzureißen und an derselben Stelle mit zusätzlichen Gebäudeteilen wieder aufzubauen. Der Plan wurde schließlich verworfen. Die 80 Millionen Mark, die hierfür zu veranschlagen waren, standen nicht zur Verfügung. Mitte der 90er Jahren wurde jedoch der alte Garagentrakt an der Virchowstraße abgerissen und durch ein neues mehrstöckiges Bürogebäude ersetzt. 2006 kam noch ein neuer, moderner Gebäudeflügel im Innenhof des Präsidiums hinzu. Das Hauptgebäude ist heute denkmalgeschützt.

 

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1914. Baubeginn am Essener Präsidium. Links im Bild ist das alte Landgericht. Geradeaus sieht man ein heute noch existierendes Gebäude am Haumannplatz (Foto: Kawelovski)

1918. Das Büro des Polizeipräsidenten im frisch errichteten neuen Polizeipräsidium (Foto: Kawelovski)

1918. Einer der Wohnräume des Polizeipräsidenten im Gebäudeflügel an der Büscherstraße (Foto: Kawelovski)

1918. Die Zahlstelle der Essener Polizei im Parterre des Präsidiums, rechts neben dem Haupteingang. Hier mussten u. a. die von den Polizeibeamten verhängten Strafgelder eingezahlt werden. In diesem Räumen befindet sich heute die Kriminalwache (Foto: Kawelovski)

1918. Das Einwohnermeldeamt im Gebäudeflügel an der Virchowstraße. Das Meldewesen war zu dieser Zeit noch Angelegenheit der Polizei. Heute ist es als ordnungsrechtliche Institution Teil der Stadtverwaltung Essen (Foto: Kawelovski)

1922. Sonntagskonzert vor dem Präsidium (Foto: Kawelovski)

20er Jahre. Polizeipräsident Melcher (vordere Reihe Mitte mit weißen Gamaschen) im Kreis leitender Polizeibeamter vor dem Eingang des Seitenflügels an der Büscherstraße (Quelle: PP Essen)

1923. Französisches Militär besetzt das Essener Polizeipräsidium (Quelle: H. Spethmann, Der Ruhrkampf 1923 - 1925)

1923. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Essener Polizei werden von den französischen Besatzern aus dem Präsidium verwiesen (H. Spethmann, Der Ruhrkampf 1923 - 1925)

1945. Kriminalbeamte bei Aufräumarbeiten auf der Zweigertstraße vor dem Präsidium (Foto: Herstell)

1945/46. Wiederaufbau des Präsidiums. Rechts am Rand des Bildes der Innenhof des Komplexes (Foto: PP Essen)

1946. Das Essener Polizeiorchester schmettert von dem noch nicht vollständig instandgesetzten Präsidium. Auf dem Foto erkennt man gut die Notverbretterung der Eingangstür und einzelne fehlende Glasscheiben in den Fenstern (Foto: Polizeipräsidium Essen)

50er Jahre. Zellentrakt (Foto: Kawelovski)

Die Einsatzleitstelle um 1960 - hier noch im Parterre des Hauptgebäudes links neben dem Haupteingang (von außen gesehen) (Foto: PP Essen)

Ein Teil des Essener Polizeifuhrparks im Jahr 1960. Auf dem Bild sieht man den zweigeschossigen Bau auf der Rückseite des Präsidium an der Virchowstraße. Das Gebäude wurde nach dem Kriegszerstörungen in den 40er Jahren ganz neu errichtet. Vor den Bombardierungen hatte hier ein viereinhalbgeschossiger Gebäudeflügel gestanden. Im 1. OG des neuen Gebäudes war zunächst die Einsatzhunderschaft, später das Sachgebiet S IIIa (Verkehrsangelegenheiten) untergebracht, im Parterre später der gesamte Fuhrpark der Kriminalpolizei (Foto: PP Essen).

Erste Hälfte der 70er Jahre. Die Einsatzleitstelle der Essener Polizei, jetzt im 2. OG (Foto: PP Essen)

1972. Ein im Auftrag der Behördenleitung konzipierter Erweiterungsbau in Form eines Hochhauses auf dem Hof des Präsidiums ist zum Glück nie umgesetzt worden. Er hätte den Charakter des historischen Gebäudes stark beeinträchtigt (Foto: PP Essen)

1977. Luftaufnahme des Präsidiums (Bildmitte). Bei der breiten, mehrspurigen Straße links handelt es sich um die Zweigertstraße, vor dem zweigeschossigen Flügel läuft die Virchowstraße entlang (Quelle: PP Essen)

1993. Die Mobile Wache der Essener Polizei wird auf dem Präsidiumsvorplatz vorgestellt (Foto: Klein)

2004. Abschied vom Dienst. Ein leitender Essener Polizeibeamter, Polizeioberrat Hagemann, Leiter der Polizeiinspektion 4, wird vor dem Haupteingang des Präsidiums von Kollegen in den Ruhestand verabschiedet (Foto: Sponheuer)

Ansicht des Hauptgebäudes aus 2008. Die historische Substanz des Gebäudes ist auch nach fast einem Jahrhundert fast unverändert (Foto: Kawelovski)

2008. Gebäudeflügel an der Büscherstraße (Foto: Kawelovski)

2008. Um 2000 errichteter Gebäudeflügel an der Virchowstraße. Hier war nach Kriegsende der zweigeschossige Flügel entstanden, der nun dem Neubau weichen musste. Mit dem aktuellen Neubau ist der Vorkriegszustand wieder hergestellt worden (Foto: Kawelovski)

2008. Blick auf den 2006 geschaffenen Neubau auf dem Innenhof des Polizeipräsidiums (Foto: Kawelovski)

2009. Die Polizei wird blau. Vorstellung der neuen NRW-Uniform durch Polizeihauptkommissar Thomas Hemmelmann vor dem Haupteingang des Präsidiums (Foto: PP Essen)

 

Anschrift Polizeipräsidium Essen: Büscherstr. 2-6, 45131 Essen

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Baugeschichte Polizeipräsidium Essen
Lämmerhirt, Das neue Polizeidienstgebäude in Essen, 1918: Beschreibung der Bauzeit und der Erstausstattung des Essener Polizeipräsidiums aus der Zeit von 1914 - 1918
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Essener Gestapo-Akte zur Einweisung eines Essener Bürgers in das KZ Auschwitz
Die Akte aus dem Jahr 1943 befasst sich mit der Einweisung eines so genannten "Zigeunermischlings" in ein Arbeitserziehungslager und nachfolgend in ein Konzentrationslager. Über das weitere Schicksal des 24jährigen Mannes geht aus der Akte nichts hervor. Aufgrund seiner Herkunft ist anzunehmen, dass er genauso wie zahllose andere Sinti und Roma im KZ Auschwitz ermordet wurde.
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Wiedereinstellungsgesuch Walter F.
Wiedereinstellungsgesuch des entlassenen Essener Polizei-Inspektors Walter F. aus dem Jahr 1945. Das Gesuch wurde letztlich abgelehnt.
Wiedereinstellungsgesuch Walter F..pdf
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Entlassungsverfahren Neitzel
Entlassung des Polizei-Hauptmanns Emil Neitzel durch die Nationalsozialisten 1933/34. Neitzel war aus Sicht der Nazis politisch unzuverlässig. Er wurde 1945 nach Ende des 2. Weltkriegs zum Chef der Essener Polizei bestimmt, musste aber letztlich 1948 aus dem Amt ausscheiden, nachdem ihm für die Zeit nach 1945 mehrere strafrechtliche Vorwürfe gemacht worden waren.
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